Falls Sie es noch nicht wussten: Das Westend ist Kiez. Nicht "ein
Kiez", sondern einfach "Kiez". Auch wenn hierzulande die meisten
Menschen bei diesem Wort allenfalls an St. Pauli denken, so
dürfte der Begriff durchaus als Kompliment für das Viertel
gemeint sein. Westend ist Kiez nennt sich nämlich eine Gruppe von jungen
Leuten, die neben einer Lesebühne auch allmonatlich eine
Meisterschaft im Poetry Slam in der Realwirtschaft Stragula in der
Bergmannstraße abhalten. Der Gewinner darf sich mit dem Titel des
Kiezmeisters schmücken und erhält eine Flasche Sekt und 50 Euro
Preisgeld. Die Teilnahmeregeln beinhalten u.a. dass nur eigene Texte
vorgetragen werden und kein Beitrag über fünf Minuten dauert. Die
Punkte werden von einer vor jeder Veranstaltung neu zusammengestellten
Jury vergeben. Die jeweils höchste und niedrigste Wertung werden
gestrichen, die übrigen Wertungen ergeben zusammengezählt die
Gesamtpunktzahl.
Zehn Kandidaten traten am 19. März mit einem breit
gestreuten Spektrum an Texten um den Titel an. Nicht bis auf
die vordersten Plätze schaffte es die sehr amüsante Geschichte des aus
Moskau stammenden B. Efimov von einer Stripperin, die mit ihrem
Arbeitgeber aneinandergeraten war, da sie bei der Arbeit ihr
Kopftuch nicht ablegen wollte. Seine mit am Tisch sitzende
Schriftstellerkollegin Mia ließ ein selbstgeschriebenes Gedicht lieber
von einem befreundeten "Medium" vortragen, was von den Veranstaltern
zwar geduldet wurde, bei Publikum und Jury jedoch nicht so gut ankam.
Dass neben dem gelesenen Text auch der Vortrag eine wichtige Rolle
einnimmt, zeigte der Champion der jungen Münchner Slam-Szene Krok,
der frei improvisiert munter drauflos rappte. Bewundernswerten Mut zur
Offenheit zeigten einige sehr persönliche Beiträge, die jedoch in
der Gunst der Jury hinter den Slam-erprobten Teilnehmern zurückblieben.
Den Titel holte sich schließlich der stimmgewaltige Lasse
Samström - ebenfalls kein Neuling im
Geschäft - vor Volker Keidels Geschichten aus dem
Privatleben eines Fußball-Süchtigen, der in der Vorrunde noch vorne
gelegen hatte. Sacha Storz, dessen Begeisterung für Poetry Slams
auch Thema eines seiner Texte bildete, kam auf Platz drei.
Text und Bilder: © Albrecht Volk |